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Bangkok

Angelika Gentgen - 16.05.2000

Und immer wieder blicke ich hinaus, versuche ich jedes Detail zu fassen, zu erfassen; verwinkelte Architektur, Vorsprünge, Absätze, Schriftzüge; dort drüben, ein Dachgarten, bewachsen mit Palmen.

Das Panoramafenster meines Hotelzimmers lädt mich dazu ein.
9.Stock, mitten in Bangkok.
Wieviele Stockwerke mögen diese Häuser haben? Ich versuche sie zu zählen, gebe schon nach kurzer Zeit auf.

Nur ganz gedämpft dringt der Straßenlärm an mein Ohr. Motorengeräusche, ab und zu eine Trillerpfeife.

Annehme Kühle umgibt mich.

Alle Bangkoker lieben Klimaanlagen.
Der Effekt ist, dass man beim Verlassen des Hotels oder Restaurants glaubt eine riesige Sauna zu betreten.

Trotz der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit kleiden sich viele Einheimische besonders elegant. Die jungen Frauen tragen hautenge Kostüme und dazu glänzende Nylonstrümpfe, die Männer weiße Hemden mit Krawatte und dunkler Hose.

Die Stadt zählt mehr als 10 Millionen Einwohner.
Ein Moloch. Der Straßenverkehr ist unbeschreiblich. Linksverkehr, Mopeds und Motorräder, die sich an den Autos vorbeiquetschen und ganz vorne dann lospreschen, sobald die Ampel von rot auf grün umspringt, oder auch schon ein bißchen früher. Ständig rollen Taxis vorbei, oder Tuk-Tuks, das sind kleine offene, ein wenig nostalgisch wirkende Fahrzeuge, eine Art motorisierte Rikscha. Sie fördern wohl in erster Linie Touristen durch dieses Gewühle.
Viele der Motorradfahrer, Tuk-Tuk-Fahrer, Straßenpolizisten oder Straßenkehrer tragen Atemschutzmasken.

Als Fußgänger die Straße überqueren zu wollen ist abenteuerlich. Ampelanlagen für Fußgänger gibt es nicht, dafür ab und zu Zebrastreifen.
Das bedeutet, sich vorsichtig vorzutasten, eventuell Handzeichen zu geben, und dann darauf zu hoffen, dass das nächste Fahrzeug, was da angebraust kommt, anhalten wird.
Doch es gelingt irgendwie.
Es ist erstaunlich, wie relativ reibunglos dieses Verkehrsgewusel funktioniert.


Die Hotelbewohner sind international.
In der Empfangshalle fielen mir besonders einige herausgeputzte Inder auf. Ihre Kleidung wirkte sehr edel, lurexdurchwirkte Stoffe und ihre gebundenen Turbane ließen sie besonders distinguiert aussehen. Geschäftsleute?

Im Aufzug fragte mich ein Gast woher ich komme. Er sagte, er sei aus Neuseeland.

Beim Frühstück, für das ich mir viel Zeit nahm - Beobachtungszeit - fiel mir am Nebentisch ein Herr auf, ein sehr britischer Herr. Anfang 50, klein, etwas gedrungen, akurater Scheitel, weiß-hellblau-gestreiftes Hemd, Manschettenknöpfe. Ihm gegenüber saß eine junge Thailänderin. Sie trug ein enges, schwarzes Top mit Spaghettiträgern, darunter einen weißen BH, dessen Träger sich nicht verstecken ließen.
Die beiden hatten scheinbar Verständigungsprobleme.
Die Thai sprach wohl nur wenig englisch. Jetzt tippte er etwas in seinen Taschenrechner, endlos, reichte ihn ihr herüber.
Wurde noch über den Preis der vergangenen Nacht verhandelt? Eine ganze Nacht? Zählt da jede Stunde? Oder wird da ein Pauschalpreis ausgehandelt! Aber im Nachhinein?
Doch die beiden stritten nicht, nein, sie lachten miteinander.
Vielleicht hielt der Herr ja auch einen Übersetzungscomputer - von Englisch in Thailändisch - in Händen, und so wurden ihre Verständigungsprobleme gelöst.
Wer weiß...





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 18.08.2004
Kategorie: Kurzgeschichten

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