Auf-/zuklappen

Die Anfahrt war steinig

Angelika Gentgen - 13.03.2005

Die Anfahrt war steinig.
Es ist einer dieser in diesem Jahr nicht enden wollenden Wintertage, im März. Obwohl..., der Schnee ist in der letzten Woche weggetaut – endlich.

Wir fahren an die anderthalb Stunden. Nach Sankt Augustin. Wo liegt denn das? Bei Bonn!

Dort gibt Else Buschheuer, DIE Else Buschheuer heut Abend eine Lesung. In einer Buchhandlung in einem Einkaufspark, a la Centro, nur n paar Nummern kleiner.

Es soll um 20 Uhr beginnen, Samstag Abend 20 Uhr, direkt nach Geschäftsschluss.
Wir sind schon um 18.40 Uhr dort, essen noch eine Kleinigkeit, für den kleinen Hunger zwischendurch, registrieren Köpfe, Gesichter, Geschäftigkeit, etwas Osterfeeling – das hat`s in diesem Jahr schwer, zu früh, zu kalt. Noch einmal zur Toilette.
Dann die Rolltreppe hoch in den ersten Stock. Wir fragen uns durch zur Buchhandlung,
besorgen uns die vorab telefonisch bestellten Karten, fragen, wo es denn stattfinden wird: „Ja, hier, genau dort wo sie jetzt stehen.“ Und wo kommen wir denn wieder raus, wenn nachher das „Centro“ geschlossen ist.“ „Durch unsere Hintertür. Wir lassen dann die Gäste dort hinaus.“ Ah... es gibt eine Hintertür.
Mittlerweile ist es 19 Uhr. Von anderen Gästen noch keine Spur. Die Buchhandlung ist kleiner als erwartet. Wir schauen uns ein bisschen um. Ich überlege: Soll ich ihr Buch - das Neueste - jetzt schon kaufen? 18 Euro 90. Mmmh... Erst mal abwarten.

Da steht sie ja. Verstohlene Blicke unsererseits, nicht ihrerseits.
Sie ist schlanker als ich dachte, größer als ich dachte. Vielleicht 1 Meter 75.
Ganz in schwarz gekleidet. Schwarze flache Herrenschuhe. Ich denke: Ihr einziges Paar!
(Sie verrät viel in ihrem Internet-Tagebuch)
Schwarze Schlabberjeans, ein schwarzer Pulli, nein eher ein kurzer Poncho. Steht ihr gut denke ich.
Der 3- Zentimeter- Haarschopf, ihr dunkles Haar weiß übertönt, so dass sich hell und dunkel mischen, steht ihr auch gut.

Auf ihre Stimme bin ich gespannt. Sie wirkt sympathisch (nicht die Stimme, der Mensch. Die Stimme kommt ja erst noch).

Die Buchhandlung setzt sich fort in einen schlauchähnlichen Gang. Dorthin verschwindet unsere Autorin wieder.
Mal – unauffällig – schaun, wo sie denn geblieben ist.
Sie sitzt dort mit einer Angestellten. Sie unterhalten sich, lächeln, erzählen sich Nettigkeiten,
Smalltalkeln ein bisschen. Else trinkt O-Saft.

Wir gucken noch ein wenig hier und dort.
Dann gehen wir lieber. Wir wollen ja nicht aufdringlich erscheinen.

Ein Blick zur Uhr. 19 Uhr 20. Mmmmh... ja, Durst hätt ich jetzt auch noch...
Von anderen Gästen immer noch keine Spur. Wahrscheinlich streichen sie genauso unauffällig wie wir gerade, jetzt um Else Buschheuer herum.

War da nicht ein Bistro, draußen ganz in der Nähe der Buchhandlung? Es war!
Also dorthin, etwas zu trinken bestellt, sich an einen der Bistrotische gesetzt, versucht schnell zu trinken. Haben Sie schon einmal stark kohlensäurehaltiges Mineralwasser schnell getrunken?

Was ist das!? Ameisengleich werden hier sämtliche Stühle weggetragen, von Buchhändlerameisen.

Ja, da wird es wohl Zeit, dass wir uns wieder zurückbegeben! Wir wollen nicht unbedingt warten, bis sie uns, weil wir auf den letztübriggebliebenen Stühlen sitzen, mit wegtragen.

Zurück in die Buchhandlung – mittlerweile 19 Uhr 45. Oh, ist richtig voll geworden.
Die gerade noch um uns herum versammelten Stühle sind schon fast alle besetzt.
Wir ergattern noch zwei, mit einigermaßen einsichtbaren Plätzen.
Obwohl... man will uns täuschen. Das Mikro wird an einer Stelle aufgebaut, und ich denke: Jo, von hier könnste was sehen!

Ich hab mich grad häuslich eingerichtet, da wird das Mikro an eine ganz andere Stelle gestellt.
Jetzt sieht es schon nicht mehr so gut aus! Mal abwarten!

Die anderen Fans (sind es alle Fans?) sehen locker aus. Keine Schicki-Micki-Typen. Neben mir sitzt ein Großer mit gesunden roten Wangen, ca. 30. Er sieht aus wie ein Bauer, der gerade eben noch die Kühe gemolken hat, sich dann kurz geduscht und umgezogen hat und jetzt hier sitzt und sich auf einen netten Samstagabend freut, statt auf dem Heuboden das Tanzbein zu schwingen. Aber die Zeit kommt ja erst später im Jahr. Ein netter.

Vor mir sitzt ein junges Pärchen, das mir eben schon aufgefallen ist. Ihr Lachen wirkt sympathisch. Ein volles Gesicht, längere schwarze leicht gewellte Haare. Ihr Freund trägt eine Lederhose, eine Fastglatze mit einer dicken Z-Narbe am Hinterkopf (na ja, so dick ist sie auch nicht). Sie lässt sich von ihm Bücher reichen, die in greifbarer Nähe um uns aufgebaut sind. Wir sitzen ja m-i-t-t-e-n in der Buchhandlung.

Jetzt endlich, 20 Uhr, Else erscheint.
Sie lacht, wird durch ein kurzes Vorwort von der Buchhandlungsangestellten vorgestellt.
Diese preist ein Buch an, von Else, ein anderes als das woraus sie jetzt lesen wird. „Ruf mich an“ heißt es und liegt direkt vor meiner Nase. 8 Euro 95, runtergesetzt von 18 Euro. Ich liebäugele damit, lasse es aber noch liegen. Später dann, während der Lesung nehme ich es mir doch. Bevor es mir ein anderer wegschnappt. Ich denke, wie leicht wäre es hier jetzt etwas zu klauen. Würd wahrscheinlich keiner merken.

Elses Art ist leger, angenehm leger. Ihr Stimme wohlklingend.
Sie liest über mehr als eine Stunde querbeet aus ihrem Buch vor. Es heißt Venus und macht neugierig.
Sie hat keinen starr festgelegten Plan, Post-it-Zettelchen an den ihr wichtigen, oder lesenswert erscheinenden Stellen, aber sie schweift ab, liest anderes als geplant, erzählt ein bisschen aus dem Buch, fängt wieder an vorzulesen.
Man merkt ihr die Routine an. Sie schaut hoch, an den richtigen Stellen, lächelt an den richtigen Stellen, ruft Schmunzler hervor bei uns.
Wir hätten ihr auch wahrscheinlich 2 Stunden ohne Murren zugehört.

Ein junger Mann fällt mir noch auf in meiner Reihe. Er sitzt fast die ganze Zeit lächelnd vornübergebeugt, sich mit dem Unterarm auf Knie und Kinn aufstützend, interessiert zuhörend auf seinem Stuhl. Vielleicht 25. Er trägt ein hellblaues Winterjackett , ausgefallen.

Zirka 50 Leute mögen gekommen sein. Gemischtes Publikum, auch altersmäßig.

Zum Schluss fragt die Else, ob wir noch Fragen haben.
Und wir sollen doch die ersten 3 Minuten überspringen, in denen sich keiner traut.

Dann werden ihr auch einige Fragen gestellt, die sie sehr souverän beantwortet und auch sehr ehrlich.

Nach der Lesung gibt’s noch Getränke und Widmungen. Das ist ja klar: Ich hab mir auch eine geholt, nein beides.

Das Buch Venus hab ich mir nicht gekauft. Zu teuer. Aber, wenn’s mal als Taschenbuch herauskommt, dann bin ich ganz bestimmt dabei. Vielleicht auch schon vorher.

Angelika Gentgen
13.03.2005





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 15.03.2005
Kategorie: Schönes & Positives

Link zum Gedicht

Das Reimlexikon der Lyrikecke

Träumst Du davon selbst eigene Gedichte, Song-Texte oder Raps zu verfassen, aber Dir fallen keine passenden Reime ein?

Das Reimlexikon der Lyrikecke hilft Dir beim Reimen - schnell und kostenlos.


Theorie des Schreibens


Lyrikecke bei Facebook
Lyrikecke bei Facebook