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Das Kuscheltier - (ThierTheater, History)

Gabyi - 2003

Ihr Lieblings-Kuscheltier war ganz und gar nicht kuschelig.
Im Gegenteil.
Anstelle eines sanftweich flauschigzart weißen Fells überzogen schwarzharte, drahtigkratzige und gleichzeitig pudelartige Locken das Tier vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Der gesamte Tierkörper war überdies von einer steifen, unbiegsamen, geradezu knochigen Beschaffenheit. Viele Spielzeugtiere waren damals von solcher Gestalt.
Und dennoch wurde das Stofftier heiß geliebt und so innig, wie kein anderes seinesgleichen je zuvor in ihrem Leben und auch später nie mehr von ihr geliebt worden war.
Es war ein Geschenk ihres Großvaters zu ihrem achten Geburtstag.
Diese Art von Geschenken, die man mit der Mutter im Spielzeugladen selbst auswählen durfte. In diesem speziellen Fall, weil der Großvater zu alt war, um einkaufen zu gehen.
Diesmal sollte es ein Steifftier sein, denn sie wünschte sich unbedingt ein Kuscheltier.
Obwohl sie ja eigentlich schon viel zu alt dafür war. Mit acht Jahren spielte man doch nicht mehr mit Plüschtieren.
Dieser Gedanke trübte ihre Freude einen Hauch...
Da aber ihr einziger Lieblings-Teddy schon vor langer Zeit in die Regentonne gefallen war und niemand ihn ihr seitdem herausholen mochte, wollte sie jetzt wenigstens ein neues Stofftier geschenkt haben.
Sie durfte es sich also selbst aussuchen. Theoretisch wenigstens.
Praktisch sah es bei dieser Kategorie von Geschenken meist so aus, dass die Mutter mehr oder weniger dezent bei der Entscheidung mitwirkte. Auch in diesem Fall.
Trotzdem ging sie am Ende stolz und wohlgemut mit einem schwarzgelockten, blauäugigen Tier namens "Swapl" unterm Arm aus dem Geschäft hinaus. Dieses Wort stand auf einem runden, gelbroten Schild mit abgebildetem Teddykopf, das an seinem Hals hing.
Es hatte auch einen Knopf im Ohr, der von allen bewundernd kommentiert wurde.
Man bemerkte auch, dass dieses Spielzeug sehr gut zu ihr passte.
Schwach stieg in ihr eine dumpfe Ahnung auf, so etwas wie ein Spiegelbild ihrer Rolle in der Familie in ihrer Hand zu halten. Aber das störte sie nur wenig, viel zu groß war dafür die Freude über den neuen Spielgefährten. Sie taufte ihn Tier-Loin und von diesem Tag an sollte er sie beschützten, wenn immer ihr ein Unrecht widerfuhr.
Zum Beispiel, als ihr die Polypen aus dem Rachen herausgerissen wurden bei lebendigem Leibe und die Ether-Narkose nicht wirkte. Da stand er auf der Fensterbank vom OP mit aufgerissenem, blutrotschimmerndem Maul und klagte an. Auch wenn es leider nicht half...
Aber eines war doch etwas traurig an der Geschichte.
Dass ihr kleiner Bruder, dem immer jeder Wunsch erfüllt wurde, sich auch so ein Tier wünschte, obwohl er doch noch gar keinen Geburtstag hatte. Und es auch, schwupps, bekam.
In Form eines flauschigen, weißen Exemplars namens "Floppy". Es lag zuckersüß und hinreißend schmusigweich mit geschlossenen Augen da, hatte auch einen Knopf im Ohr und überdies eine Glocke in der Pfote.
Oder hieß es nicht sogar Huf ?
Und es gefiel ihr fast besser... :-((
Heute jedoch, bei eBay, ist das kuschlige "Floppy Lamby" allerdings nicht so viel wert wie das schwarze Tier namens "Swapl", welches jetzt von Sammlern zu Höchstpreisen gehandelt wird.
Denn es wurde damals nur in sehr geringer Stückzahl hergestellt.
Wer wollte auch schon gern ein schwarzes Schaf als Kuscheltier haben ?
Dazu noch ein Persianer-Lamm....





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 27.04.2003
Kategorie: Kurzgeschichten

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