Auf-/zuklappen

Na und? :o)

Petra Friedel - November 2009

Es gibt Menschen, die mag ich einfach.
Solche wie den Fotografen, den ich vor einiger Zeit aufsuchte, um mir Passfotos machen zu lassen.

Schon als ich die große Glastür vom Geschäft aufwuchtete und mir ein kleiner, rundlicher Mann mit Stupsnase entgegeneilte, wusste ich: Den magst du!
„Was kann ich für Sie tun?“ schallte mir seine Stimme entgegen. „Ah, Passfotos, selbstverständlich! Gehen Sie doch schon in den Raum nebenan, auf dem Tisch liegt ein kleiner Spiegel, sie können sich in aller Ruhe zurechtmachen!“ _____ Aaaaajah, er mochte Recht haben, der Wind hatte mir auf dem Weg hierher sicher die Haare zerzaust. Willig, seinem gutgemeinten Rat zu folgen, ging ich in den Nebenraum und strich mir durchs Haar.
Nach einer Weile hörte ich trippelnde Schritte, die Tür wurde aufgestoßen und er erschien lachend in der Türfüllung. „Na, haben wir etwas Rouge aufgelegt, Madame?“
Fröhlich blinkte seine Glatze im Licht des Scheinwerfers, den er unter einem kleinen Stöhnerchen anknipst hatte. Meine Gesichtsmuskeln begannen sich zu verkrampfen.
Zwei-drei Blitzlichter zuckten und davon fast blind, hörte ich ihn sagen: „Kommen Sie, suchen sie sich am Computer ein Bild aus!“. Gespannt trat ich heran und konnte nicht glauben, was ich dort sah. Auf einem der Fotos sah ich aus, als hätte ich 2,5 Promille intus, auf den beiden anderen, als würde ich die überhaupt nicht vertragen.
Wir haben die Prozedur noch einige Male wiederholt und unter den Ermahnungen des lustig plappernden Mannes versuchte ich, meine Augen während der Blitzlichtattacken nicht zu schließen. Auf einem der Fotos schien mir das auch gelungen, mit weitaufgerissenen, verzweifelten Augen starrte ich in die Kamera. Zwischendurch dachte ich immerzu darüber nach, wann die Geduld dieses fröhlichen, pummeligen Engelchens denn endlich erschöpft wäre und versuchte unentwegt Haltung zu bewahren, um die völlige Entgleisung meiner Gesichtsmuskeln zu verhindern.
Irgendwann sah dann selbst dieses kleine Engelchen mich erst verzweifelt und gleich darauf grinsend an und meinte:“ Jaaaah, junge Frau, schöner wird’s bei Ihnen nicht!“ Genau das war der Moment, in der alle Spannung im Gesicht versagte und wir prusteten beide los.

Es gibt Menschen, die mag ich einfach. Und ich habe jetzt einen Lieblingsfotografen.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 25.11.2009
Kategorie: Tagebuch

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