Auf-/zuklappen

Das mystische Alphabet/ I wie Irrlichter

Petra Friedel - Mai 2013

Im alten Haus am Erlengrund,
ganz nah den Teufelsmooren,
da säuselt dir zu später Stund‘
ein Etwas in die Ohren.

Was murmelt es von Seelenqual,
Verdammnis und Erlösen?
Und raunt: du sollst, verdammt noch mal,
ihm folgen statt zu dösen?

Der Sandmann kommt jetzt nimmermehr,
schon zupft‘s dich sanft am Kleide;
vom Moor weh’n Stimmen zu dir her:
„Wir tun dir nichts zuleide!“

Kein Bangen hilft, du wirst zum Tor:
im Nachthemd, ohne Schuhe,
folgst du dem Wesen tief ins Moor,
es gäbe sonst nicht Ruhe!

Und rechts und links, an Moores Steg,
da flackern kleine Lichter,
die weisen dir den dunklen Weg.
Die kleinen Truggesichter

sie leuchten grün, orange und blau,
wie aus dem Nichts geboren.
Dein Magen dreht sich, dir wird flau,
dein Blut rauscht in den Ohren!

Die Eule ruft und rauscht vorbei,
ihr Schrei lässt dich erschauern,
ein Irrlicht gibt den Blick nun frei
auf Schatten, die dort kauern

an einem Kreuz. Dir stockt das Knie:
Was sind das für Gestalten?
Was greinen und was jammern sie?
Oh Herr, lass Güte walten!

Schon drehst du ab und nebenwegs,
da irren kleine Lichter.
Und rechts und links des dunklen Steg‘s
da flammen Lichtgesichter,

in grün und blau, in gelb und rot -
kein Trug scheint ihnen inne!
Auf dass nicht Pein und Todesnot
die Oberhand gewinne!

Im alten Haus am Erlengrund,
ganz nah den Teufelsmooren,
da säuselt dir zu später Stund‘
ein Etwas in die Ohren.

Noch niemals ist ein müder Gast
dem alten Haus entkommen.
Noch jeder hat, nach dieser Rast,
den Weg ins Moor genommen.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 21.05.2013
Kategorie: Mystisches & Unheimliches

Link zum Gedicht

Das Reimlexikon der Lyrikecke

Träumst Du davon selbst eigene Gedichte, Song-Texte oder Raps zu verfassen, aber Dir fallen keine passenden Reime ein?

Das Reimlexikon der Lyrikecke hilft Dir beim Reimen - schnell und kostenlos.


Theorie des Schreibens


Lyrikecke bei Facebook
Lyrikecke bei Facebook