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schleier der erinnerung

dervogt - 2008

°

ich sah meinen sohn
im salon meines onkels
friseur sollte er werden
wie er
und
den laden mal übernehmen
doch mein sohn sollte nie leben
niemals zur welt
kommen dürfen,
sollte nie die kasse klingeln hören
nie schöne frauen frisieren
und noch eitlere männer,
kostververächter
und modekenner,
das glamourgörl f****n von vogue
oder nebenan,
oder ganz einfach schwul werden
wie jeder
vernünftige mann

all das durfte er nicht-

mein sohn
mußte weiterreisen
bevor angekommen zu sein,
weil andere das wollten,
für ihn entschieden
und besser schien für sie selbst
sie
die ihrem egoismus fröhnen
bis zum erbrechen
und unter der last ihres lebens stöhnen

ich schließe mich garnicht aus
mein sohn,
stehe ich doch
mit abgrundtief hässlicher seele
in der ersten reihe jener,
die schuld auf sich luden,
und tagein-tagaus laden,
und auch nach stündlichem baden
von körper und augen
nicht rein sind,
nicht rein werden können von sünde,
und endlich klarsehen,
weil der schleier der erinnerung
bei jedem waschgang
noch grauer wird

so werde ich weiter
bis an mein gnädiges ende
meinen sohn im salon sehen,
meinen sohn als vision sehen.

mein sohn
und
gott sei mir gnädig.


°





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 02.09.2008
Kategorie: Trauriges

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