BRD 2004: Alt- und Neulasten

Bilanz eines Deutschen zum
"Tag der Deutschen Einheit"
am 3. Oktober 2004


Ja, ich bin Deutscher: ich bin hier geboren,
in diesem Land. Das ist nicht meine Schuld
noch mein Verdienst: Der Storch hat mich verloren
in einem Wohlstandsland - dank Schicksals Huld.

Im Kindergarten schenkte man uns Kerzen:
"Daß eins und einig wieder Deutschland werd'!"
Der Spruch auf diesen Kerzen ging zu Herzen -
was er bedeutet, wurde nicht erklärt.

Bald, in der Schule, lernte ich von Kriegen:
von Alexander bis Napoleon.
Herr Hitler wurde lange uns verschwiegen.
Aus Peinlichkeit? Zwecks Nicht-Information?

Dann brach die Welle los der Selbstkasteiung:
Wir Deutschen müßten, lehrte man uns nun,
für alle Zeiten bitten um Verzeihung!
Was hatt' ich mit dem Holocaust zu tun?!

Und '89 dann der Fall der Mauer,
von Gottschalk reportiert in "Pop nach acht".
Ich hab' - in Sachen "Teilung" nun schon schlauer -
gedacht wie alle Deutschen: "Gut gemacht!"

"Nicht einen Pfennig", schwor uns Kanzler Birne,
"wird uns die Wiedereinheit kosten!" - Tja;
mag sein, der Lorbeerkranz auf seiner Stirne
war schuld, daß er das nicht ganz richtig sah.

Kaum aber war die Trabbiflut aus Sachsen
hier einbanant, begann im Handumdrehn
giftbraun Ausländerhaß emporzuwachsen.
Und wieder konnt' ich Deutschland nicht versteh'n...

Inzwischen wird mit jeder Wahl es brauner.
Kein Wunder auch, bei einem Kanzler, der
die Arbeitslosen als Schmarotzer, Gauner
beschimpft: vier Millionen, täglich mehr!

Jetzt hört der Osten: Es gibt gleich und gleicher...
Wer arm ist, bleibt auch arm, erklärt man barsch.
Falsch: Arm wird stetig ärmer, Reich noch reicher!
Dein Kopf stinkt, Deutschland, drum bist du am Ar***!

Doch, Deutschland: Kann ich dich noch Deutschland nennen?
Wenn fast nur Englisch noch man liest und spricht,
die Deutschen längst nicht richtig Deutsch mehr können?!

Ich bin ein Deutscher - stolz drauf bin ich nicht.