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Vorspiel vor dem Theater

SergeD. - 2007

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten
aus jener halb vergessenen Datei,
bedrängt mich, mein Versprechen nicht zu halten,
daß Schluß sei mit der Lyrikecklerei,
beteuert, neben den dreihundert alten
Gedichtchen sei noch Platz für neue frei?
Wer gibt euch Mut und Keckheit, ungebeten
vor fremder Leser Augen hinzutreten?!


Ich wüßt' von keinen Geistern, die euch riefen!
Ihr seid doch im Computer gut verstaut!?
Welch einer Hoffnung gebt ihr, welcher schiefen
Ruhmsucht euch hin, die nur auf Sand gebaut?!
Und manch Gedichtchen wurde in den Tiefen
des Internets dem Autor schon geklaut!
Was also drängt ihr euch ins Rampenlicht?
Ertragt das Ungelesensein ihr nicht?


Genügt euch nicht der Platz in meinem Busen?
Ihr wollt in and'ren Herzen auch Quartier?
Wem aber wärt mit eueren diffusen
Gedanken ihr verständlich außer mir?!
Na seht! Und überdies geht ohne Musen-
schmatz gar nichts! Also erst 'mal auf zu ihr!
Sobald zur Mitternacht die Glocken klingen,
eil' ich zu ihr auf Fledermäus'richschwingen...


Wohin? Dort, wo sie in Verzweiflung schmachtet
und Trübsinn! Eine Ohnmacht habe sie,
so sagt man, schon vor langem sanft umnachtet,
erbarmungsvoll, als die Orthographie
gewisser Freizeitdichter sie betrachtet
auf einer Website. Ei, wie hieß denn die...?!
Nun, kurz und gut: erst werd' ich sie wohl küssen,
aus dem Dornröschenschlaf sie wecken müssen...


Solange aber müßt ihr, meine Werke,
trotz aller Ungeduld und Auftrittswut
euch noch gedulden: bis ich neue Stärke
gesogen aus dem frischen Musenblut,
ins Hälschen sie gebissen! Ich bemerke
dabei doch stets, wie gut ihr Blut mir tut...
Und falls mein Muschen dann mich wiederküßt,
kann's sein, daß eure Stunde nahe ist...


Erwacht sie also, gibt vom weichen Pfühle
ein halb Gehör mir, einen holden Blick:
so seid, Gedichtchen, nah ihr eurem Ziele!
Und wünscht mit einem Kuß sie noch mir Glück:
Dann auf!, dann kehr' zu weit'rem munt'ren Spiele
flugs in die Lyrikecke ich zurück.
Dann tönet fort, ihr meine bunten Lieder!
Dann, Träne, quill: L.E., du hast mich wieder!





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 11.04.2007
Kategorie: Aktuelles & Zeitgeschehen

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