Erdbeerkuchen

Wehmütige Erinnerungen suchen
selbst heute noch mich heim, geh' ich vorbei
am Fenster irgend 'ner Konditorei
und dort steht, lockend rot - ein Erdbeerkuchen...


Ich war verliebt - zum ersten Mal im Leben! -
und heute hatte mich IHR Erdbeermund
zum Nachmittagskaffee geladen: Grund
genug für mich, auf Wolke Acht zu schweben!

Damals war ich Student - und Ahnungslosen-
Weltmeister. Trotzdem kam mir die Idee:
Bring ihr zu diesem Nachmittagskaffee
doch ein Geschenk mit, etwa ein paar Rosen!

Andererseits sind Blumen bei Besuchen
konventionell, ein uraltes Klischee...
Originell und passend zum Kaffee
fänd' eher sie vielleicht ein Stückchen Kuchen!?

Und so erstand ich tapfer - doch ich ahne
noch heute, wie ich erdbeerrot dabei
anlief - zwei Erdbeerkuchenstückchen. Zwei!!
Was grinst mich der so an? Wie? Ja, mit Sahne!

Die Straßenbahnfahrt bis zu ihrer Wohnung
war ein Spießrutenlaufen! Jedermann
sah klar mein erstes Rendezvous mir an
und grinste spöttisch ohne jede Schonung.

So gut es ging, versteckte ich die Tüte
mit dem belastenden Material.
Erst als ich ausstieg, sah ich wieder mal
hinein: zu Mus zerquetscht! Du meine Güte!

Was mag sie jetzt, was muß sie von mir denken?!!
Daß ich der allergrößte Trottel bin!
Ob ich ihn wegschmeiß'? Hat es einen Sinn,
zermantschten Erdbeerkuchen ihr zu schenken?

Du solltest umkehr'n und nachhause fahren!
Das Mädel lacht sich über dich doch tot:
Kein Stückchen Kuchen bringst du Idiot
heil heim - und das mit dreiundzwanzig Jahren!

Woher und wie ich doch den Mut noch faßte,
bei ihr zu klingeln, weiß ich heut' nicht mehr.
Sie nahm des Kuchens Un-Form gar nicht schwer:
weil so er besser auf die Teller paßte.

Sie kenne selbst das leidige Gedrängel
in Straßenbahnen... Und er schmecke ja
trotzdem etcetera, etcetera...
Kurzum: sie reagierte wie ein Engel!


Ach ja, so war das seinerzeit... - Indessen
wollt ihr vielleicht, was weiter noch geschah,
wie die Geschichte ausging, wissen?! - Tja:
Wir haben - - - Erdbeerkuchen dann gegessen...