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Musenschreck um Mitternacht

SergeD. - Oktober 2009

Musenschreck um Mitternacht

Eine blutrünstige tragische Trilogie um Gardinen und Geiz


I

Schlag Mitternacht; der Vollmond ist verhangen
von Wolkenschleiern. Herbststurm heult im Schlot.
Doch er ist nicht das Schlimmste, was da droht
heut' nacht. Die Muse hört mit größ'rem Bangen

Mordsflüche, wie sie übler nie erklangen.
Am Fenster etwas schimpft Schockschwerenot
und flattert, zappelt, zerrt sich schier zu Tod,
als hätt's in der Gardine sich verfangen.

Kein Muckserchen entschlüpft der Schreckensblassen.
Sie wird das Ding dort erst 'mal zappeln lassen.
Wenn's müd' genug ist, schläft's vielleicht ja ein ...

Es könnt' auch, hofft sie, gar kein böses Tier sein,
vielleicht bloß wieder dieser Altvampir sein,
der zahnlos ist und nachtblind obendrein.


II

Nun hängt der Vorhang nach dem stundenlangen
Gezappel endlich wieder da wie tot
und statt der Schreckensblässe kehrt das Rot
zurück, das frische, auf die Musenwangen.

Zum Glück auch heut' nacht wieder gutgegangen!
Wer wohl das schauerliche Schauspiel bot?
Sieh da: auch heut' war's, in Ideennot,
der Altvampir, jetzt gründlich abgehangen.

Recht oft sucht sie der dichtende Vampir heim,
will einen Musenkuß von ihr erhaschen
und fängt sich dann in den Gardinenmaschen.

Sie ist ja sanft. Sein Glück! Wär' Rache Blutwurst
für sie, bekäm' er übel ihm, sein Blutdurst!
So bringt sie ihn bloß anderntags ins Tierheim.


III

Die Weiber sind doch alle falsche Schlangen!
Der Seniorvampir guckt zornesrot
sowie vom Zappeln schwer in Atemnot
aus der Gardine, wo er sich verfangen.

Er flucht den Musen, den Gardinenstangen
und -predigern, wünscht allem Pest und Tod -
es hilft ihm nichts: die Welt bleibt schnöd, verroht.
Die Zeiten Draculas sind längst vergangen.

Wenn Musen heute alle Tricks benützen,
sich mit Gardinen, Kragen, Knoblauch schützen,
das bringt zuletzt den bissigsten Vampir um.

Wenn geizig weder Kuß noch Blut sie spenden,
muß jeder lyrische Vampir verenden.
Es sei denn, er stieg' schnöd von Blut auf Bier um ...





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 19.10.2009
Kategorie: Träume & Nachtgedanken

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