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Bei Urgroßtante Käthe

SergeD. - September 2005

Bei Urgroßtante Käthe riecht es immer
nach gestern irgendwie in jedem Zimmer,
und auf den Kissen, rings verziert mit Spitzen,
hat Puppen sie mit Wachsgesichtern sitzen.

Bei Urgroßtante Käthe gibt es Kuchen
und Limonade, wenn wir sie besuchen.
Sie staunt, wie groß ich schon geworden bin,
und ich guck ihre Warze an am Kinn.

Über der Lippe hat sie dunkle Härchen.
Sie lächelt meist und schenkt mir Gummibärchen
und fragt, ob ich schon in die Schule gehe,
und meint, daß ich der Oma ähnlich sehe.

Ein großes Bild mit Bergen voller Schnee
und einem Wald darauf und einem See
hängt überm Sofa von der Urgroßtante -
und Fotos auch von Leuten, die sie kannte.

Sie redet meistens auch nicht über heute,
erzählt, wie's früher war und über Leute,
die lange, lange schon gestorben sind -
und fragt: "Magst du noch Kuchen, liebes Kind?"

Für ihren Ofen braucht sie Holz und Kohlen;
die muß sie selber aus dem Keller holen,
wo's Ratten gibt und Mäuse, wie sie sagt,
und ein Gespenst, das nachts dort heulend klagt.

Wenn ich dann sag: "Es gibt gar keine Geister!",
meint sie: "Willst du ihn seh'n? Carolus heißt er."
Und bei dem knusperhexischen Gekicher
von ihr bin ich mir plötzlich nicht mehr sicher.

Wenn wir nachhaus geh'n, ruft sie: "Warte noch!
Für mein Kathrinchen hatt' ich etwas doch...?!"
Dann schenkt sie mir ein Bildchen, wo ein Schaf
ein Hirte trägt, und mahnt mich: "Bleib schön brav!"

Bei Urgroßtante Käthe riecht es immer
nach gestern irgendwie in jedem Zimmer
und es sieht fast aus wie im Märchenbuch.
Ich geh' zu ihr recht gerne auf Besuch...





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 20.09.2005
Kategorie: Kinder

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