'S Mutterkreuz

Seit fünfazwanzig Jahr jetz scho wohnt sie
im Altersheim, die Brandner Rosmarie.
Bsuch kriegt sie leider niemals einen dort:
die Gschwister sind scho gstorm, die Enkerl fort.
Sie is a arms, alts Weiberl, a zerstreuts.
Nur einen Stolz hat's noch: ihr Mutterkreuz!

Gewiß: sie hat's vom Hitler kriegt, und der
war ein Bandit, hat's gheißen hinterher.
Doch damals hamm ja alle an ihn glaubt.
Und mit der Politik hat überhaupt
sie nie sich auskennt. Jedenfalls: sie scheut's
net herzuzeigen stolz, ihr Mutterkreuz!

Siem Buben hat sie ghabt, und alle siem
sann nacheinand im Krieg ihr damals bliem.
Gewiß: sie hat's net gehenlassen wolln!
Wie aber hätt sie's denn verhindern solln?
Verstecken irgendwo? Ja, das bereut's
manchmal noch heut - trotz ihrem Mutterkreuz.

Nix is ihr bliem, der Brandner Rosi, nix
als nur ihr Glaum: A großes Kruzifix
hängt an der Wand in ihrer kleinen Stum,
vor dem sie täglich bet' für ihre Bum.
Die sind beim Herrgott, weiß sie - und das freut's.
Sie hat nur den noch - und ihr Mutterkreuz.