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Epitaph auf meinen 'Ersten'

SergeD. - Januar 2010

Lacht ruhig: meine erste Schreibmaschine
aus Schülerzeitungstagen hab ich noch.
Wenn ich mich ihrer auch nicht mehr bediene
schon längst: als Souvenir erfreut sie doch.

Sagt ruhig, sie sei kindisch, meine Treue!
Trotzdem hab ich “das Erste” ewig gern,
die “erste Liebe”. Später kommen neue,
gewiß; rasch wird heut’ alles unmodern.

Und er war auch mein erster. Sieben Jahre
war er mir Freund und Todfeind, mein PC;
computertechnisch längst nicht mehr das Wahre,
uralt - und trotzdem tut das Scheiden weh.

Wieviele Nerven hat er mich gekostet!
Wie oft hab ich geschimpft, geflucht auf ihn!
Mag sein, just das zeugt Liebe, die nicht rostet.
Ich hab ihm stets - so wie er mir - verziehn.

Doch das verzeihst du sicher, alter Knabe,
mir nie - ich wollt’ es nicht, ich schwör’s bei Gott! -
daß ich am Mittwoch dich ermordet habe.
Expertendiagnose: Nur noch Schrott.

Lach ruhig, hörst du jetzt mich nach dir jammern!
Wir waren aufeinander eingespielt.
Gab ich vor Jahren dir nicht Wäscheklammern,
damit dein Rahmen noch zusammenhielt?

Und Tesastreifen hab ich dir gespendet,
den Bildschirm dir chirurgisch zugenäht.
Wer hätt’ gedacht, daß so es einmal endet!?
Der Dank erreicht die Toten stets zu spät.

Nachfolger? Einen Neuen? Das kann dauern.
Das Internet kommt ohne mich zurecht.
Gehört es sich nicht auch, ein Jahr zu trauern?
Ein solches Päuschen tät’ mir gar nicht schlecht.

Dateien! Der Verlust ist wohl der schwerste.
Du nahmst mit dir ins Jenseits manch Gedicht. -
Was soll’s!? Du bleibst trotzdem für mich “der Erste”.
Mach’s gut! Ich glaube, ich vergeß dich nicht.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 30.01.2010
Kategorie: Tod & Verlust

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