Ja, die Musen heutzutage...!

Muse, reiche mir die Feder!
Das Glas Tinte und Papier
schaff mir auf den Schreibkatheder -
und dazu ein Krüglein Bier!

Dir zu Ehren will ich singen,
lyrisch sein im Überfluß!
Doch zunächst, vor allen Dingen,
gib mir einen dicken Kuß!

Ha, wie fühl' ich mich beflügelt
nach solch kräft'gem Musenschmatz!
Und schon schreib' ich ungezügelt
nieder meinen ersten Satz!

Freilich muß ich dran noch schleifen,
wenn ich ihn so recht beguck'...
Doch erst laß zum Bier mich greifen
und vergönn mir einen Schluck!

Ha, die Kehle nieder gleiten
Nektar und Ambrosia,
inspirieren mich zum zweiten
Verschen - und schon steht es da!

Wie? Du legst die Stirn in Falten,
schleichst verstohlen dich hinweg?
Hiergeblieben! Eingehalten!
Fluchtversuch hat keinen Zweck!

Wohin willst du, schnöde Dirne?!
Wohl zur Konkurrenz!? Oh nein!
Nochmals küß mich auf die Stirne,
und dann fällt mir schon was ein!

Zier dich nicht so! Küßtest schließlich
auch den Tattergreis Homer,
Maro war dir nicht verdrießlich
noch Ovid, der Nasenbär!

Was? Ich hätte eine Fahne?
Na, da sag ich: Gottseidank!
Mancher große Schreiberahne
schuf sein Werk, indes er trank!

Ach, du bist wie alle Weiber!
Küßt mich nicht mehr, aber keifst!
Statt daß untern Arm dem Schreiber
du, wie's deine Pflicht wär', greifst...

Ja, die Musen heutzutage
sind auch nicht mehr... Aua! He!
Aua! Ist ja gut! Ich sage
nichts mehr! Geh nur, Muschen, geh!

Ist schon gut! Geh fernsehgucken!
Ich verharr' im Dienst Apolls
einsam hier, von Weißbierschlucken
eben dann gestärkt! Was soll's!?

Und sie geht - nicht ohne Lästern
über meinen Weißbierbauch...
Meine Lyrik liebt' sie gestern -
heute liebt sie Günther Jauch!