Für moderne Lyrik! oder: Reim im Verborg'nen!

Das Reimgedicht ist unmoderner Scheiß,
weil stets man schon das Reimwort vorher ahnt.
Dadurch wirkt jeder Vers bewußt gestaltet –
und Unspontanität ist längst verpönt.

Wir haben uns das Reimen abgewehrt;
wir schreiben frei drauflos, ganz unbefangen.
Aufs Deutsch zu achten, ist uns auch vergällt:
wir geh'n mit Sprache um, wie's uns gelingt.
Grammatik braucht man auch nicht unbekrittelt,
weil Kauderwelsch Modernität verbreitet.
(Selbst wenn SergeD., der Grufti, das bezweifelt
und Denglisch – wie er Neudeutsch nennt – verdammt.)
Die Kommata verstreu'n wir alle siebzig
beschwingt quer übern Text. Ein Sinn erglänzt
daraus schon irgendwie. Was? Du erblickst
drin keinen? Weil du eben so verflucht
altmodisch bist! Sinn wird nicht mehr geschrieben!
Den hat man grad so wie den Reim verscheucht
aus echter Lyrik. – Apropos: mich dünkt,
daß leider es auch hier nach Reimen müffelt!
Hat man SergeD. noch nicht genug gerügt,
daß er modernem Schreibstil sich nicht beugt?!
Er ist und bleibt von Reimen überfrachtet,
indes er, was er nicht versteht, verneint.
Na, lassen wir ihn eben, wenn er motzt,
was heut' Gedicht heißt, sei oft hingeschmissen,
solang es wir Modernen besser einseh'n!
Wir wollen auch nicht weiter auf ihn achten.
Viel Spaß beim Reimelexikonausbeuten!
Nur frag' er uns nicht: "Was soll das besagen?",
wenn wir nicht wie in längst vergang'nen Zeiten
den Leser mittels Reim dazu verführen,
in unsern Versen Wohlklang aufzufinden.

Reim, Rhythmus, Deutsch: das alles muß verscheucht sein –
mag auch SergeD.s Gesicht von Tränen triefen.
Moderne Kunst soll nicht nach Gestern streben.
Seh'n soll der Leser, daß wir heute schreiben!
Der Lyrikfortschritt darf nicht stehen! Reimen!?
Wenn, Herr SergeD., dann bitte im Verborg'nen!