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Venedig

SergeD. - November 2006

Im Reisebüro,
da kennt man sie schon:
Frau Meier, klein, braunhaarig, ledig.
Zwölfmal oder so
zur Billigsaison
war sie schon dabei in Venedig.


Venedig, nur dies!
Nicht Rom, nicht Florenz.
Dem Reisebüro kann's egal sein.
Ihr aber ist süß
die Reminiszenz -
mag sonst auch ihr Leben banal sein.


Denn damals - wie lang
ist das nun schon her? -
ja, damals, vor rund zwanzig Jahren,
da hat zum Gesang
des Gondolier'
sie hier etwas Liebe erfahren.


Giancarlo hieß er,
viel jünger als sie,
doch fröhlich - und schön wie Adonis!
Venedig, das Meer
und ihm am Arm: wie
in einer Romanze Goldonis!


Er tat seine Pflicht,
das wußt' sie genau:
Charmeur für einsame Touristin...
Das störte sie nicht.
Bei ihm war sie Frau
acht Tage, nicht Stenotypistin.


Mehr hoffen - ganz klar -
war nicht legitim,
ein Wunschtraum vielleicht, doch vergebens.
Trotz alledem war
Venedig mit ihm
die wohl schönste Zeit ihres Lebens.


Am Abreisetag,
da küßte er sie
und schwor ihr, sie ewig zu lieben...
Woran es wohl lag?
War's Feigheit, daß nie
sie ihm eine Zeile geschrieben?


Was hätt' es gebracht?
Enttäuschung doch nur!
Nein, nein! Sie hat, muß sie gestehen,
es richtig gemacht!
Ein alberner Schwur!
Sie hat ihn nie wiedergesehen.


Giancarlo hieß er,
viel jünger als sie...
Schon deshalb kam nie er in Frage.
Längst denkt er nicht mehr
an damals, an die
paar - ihr unvergeßlichen - Tage.


Sie hat es fürwahr
im Leben nicht leicht:
nicht jung mehr, nicht hübsch und noch ledig...
Doch einmal im Jahr,
wenn's Geld dafür reicht,
da fährt sie zurück, nach Venedig.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 24.09.2007
Kategorie: Sehnsucht

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