Auf-/zuklappen

Würde ist ein Irrealis

SergeD. - 10. Februar 2010

Schon die antike Welt und gleichfalls ja
das baumwollpflanzende Amerika
hat eine ganz spezielle Menschenschicht -
beziehungsweise "Menschen-" eben nicht,
wohl besser: hominiden Nutztierstand,
der selbstverständlich rechtlos war - gekannt
und mit dem Ausdruck "Sklaven" ihn benannt.

Ein Mensch ist, wer dem Staate Nutzen bringt.
Die Formel gilt auch heut' noch unbedingt.
Draus folgt jedoch: Fällst du dem Staat zur Last,
zum Beispiel weil du keine Arbeit hast,
dann wird die Sache kritisch auch mit dir
und man behandelt dich als solch ein Tier.
Nur nennt man's heute hierzuland: Hartz-Vier.

Ein eig'nes Zimmer haben darfst du noch -
bis jetzt zumindest - trotz Herrn Roland Koch;
auf lange Sicht gewöhn dich aber schon
ans Lager zur Hartz-Vier-Konzentration!
Ein Viehwaggon bringt den, der dorten haust,
zur Zwangsarbeit - und weil der Welt sonst graust,
wird einmal wöchentlich das Vieh entlaust.

So klappte das schon einmal - aber jetzt
hat Koch und Co. ein Richterspruch entsetzt:
Denn menschenunwürdige Existenz-
bedingungen und falsche Untergrenz-
berechnungen beim Arbeitslosengeld
hat richterliche Prüfung festgestellt.
(Amtiert noch lang, wer solch ein Urteil fällt?)

Protest! Parteienunmut und -gezank:
"Mehr Geld gibt's nicht! Denn das bekommt die Bank!
In unserm Staat wird nur subventioniert,
wer Stellen streicht und uns ein bißchen schmiert.
Der Bürger hat sich bei der letzten Wahl
für 'frei' entschieden, 'gelb' - und nicht 'sozial'!
Kein Geld fürs Nichtstun - ein- für allemal!"

Kein Grund zur Panik, Leute! Sind doch schon
spitzfindige Schwarz-Gelbe in Aktion:
"Der Richterspruch sagt kein Wort ja von 'mehr' -
nur, daß es so nicht stimmt! Na, bitte sehr:
Berechnen wir halt neu! Dann zeigt es sich -
nicht wahr, Frau von der Leyen? - sicherlich:
Hartz-Vier bedarf der Kürzung, unterm Strich!"

Vor allem für die Kinder gibt's statt Geld
nun Bleistiftspitzer; denn in unsrer Welt
muß stets mit spitzem Stift gerechnet sein.
Lernt das aus unsrer Wirtschaft, Kinderlein!
Man pumpt den Staat um Milliarden an,
saniert sich selbst samt Firma - und sodann
entläßt man 'rationell' sechstausend Mann.

Die freilich sind dann wieder arbeitslos …
Nun ja, was soll's?! Sind ja sechstausend bloß.
Für die Hartz-Vier berappt der Staat doch gern.
Hauptsache, es floriert der Großkonzern!
Verstehst du nicht? Das Beispiel zeigt, mein Kind,
daß Arbeitslose Arbeitsscheue sind.
Wer das verneint, ist störrisch oder blind!

Nun, die Regierung jedenfalls studiert,
wie sie die Arbeitslosen dezimiert
und spendet drum auch Banken sehr viel Geld:
damit kein Arbeitsloser es erhält
und dessen unerwünschte Existenz
sich dadurch auf ein Minimum begrenz.
"Frei statt sozial" - auch hier die Quintessenz.

Hartz-Vier-Sozialschmarotzer jedenfalls
hat täglich mehr der arme Staat am Hals.
Und daß er sie zu wenig unterstützt,
heißt's nun gar noch, die Plebs, die ihm nichts nützt!
Und ungewöhnliche Verlegenheit -
kaschiert vom üblichen Parteienstreit -
betreffs Hartz-Vier macht in Berlin sich breit.

Die Lösung, die bis jetzt noch niemand fand,
da ich dies schreibe, liegt doch auf der Hand:
Von "Menschenwürde" war im Richterspruch
die Rede - und hier liegt der Logikbruch;
denn, wie gesagt am Anfang: wer hartz-viert,
wird einfach nicht als Mensch mehr definiert!
(Hat das sogar ein Richter nicht kapiert?!)
Wodurch der ganze Spruch den Sinn verliert
und das Problem auf Null sich reduziert! -
Doch darauf kommt Herr Koch noch, garantiert!





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 22.02.2010
Kategorie: Aktuelles & Zeitgeschehen

Link zum Gedicht

Das Reimlexikon der Lyrikecke

Träumst Du davon selbst eigene Gedichte, Song-Texte oder Raps zu verfassen, aber Dir fallen keine passenden Reime ein?

Das Reimlexikon der Lyrikecke hilft Dir beim Reimen - schnell und kostenlos.


Theorie des Schreibens


Lyrikecke bei Facebook
Lyrikecke bei Facebook